Vor ein paar Tagen hat es mir fast das Herz gebrochen, als du abends auf dem Weg ins Bett plötzlich stehen bliebst und kurz inne hieltst. Du sahst mich an und plötzlich kullerten dicke Tränen über Deine Wangen. Ich war irritiert, denn den ganzen Nachmittag hatten wir getobt und Du hattest wahnsinnig gute Laune, aber plötzlich wurdest Du still. Einige Augenblicke später konnte ich die von Dir geschluchzten Satzteile zusammenfügen und verstand: Du hattest an diesem Tag im Gegensatz zu vielen anderen Deiner Kitafreunden keine Geburtstagseinladung in Deiner kleinen Garderobe auffinden können, Du hattest doch so gründlich danach gesucht.
Ich war ja bisher eher so der Phasensportler: Hochleistungshoch vs. Trainingsmuffeltief. Anfang des Jahres wahnsinnig motiviert, den Kühlschrank voll gesunder Sachen mit dem Vorsatz für mindestens sechs Wochen Lowcarb zu leben, Trainingsplan mit sieben Trainingseinheiten pro Woche on Point erstellt und der Gedanke an die Bikinifigur im Visier…Es steht mir anfangs also nichts mehr im Wege!
„Wahnsinn, das macht total Spaß“!
…Zumindest für die ersten viereinhalb Tage. Irgendetwas kommt dann immer dazwischen. Das Kind, der Job, und am allermeisten der bescheuerte innere Schweinehund! Zudem habe ich noch ein großes Problem, denn ich bin unglaublich schnell gelangweilt. Langeweile erzeugt bei mir schlechte Laune und Langeweile macht mich unzufrieden. Wenn ich daran denke, dass am nächsten Tag wieder Burpees anstehen, dann fällt mir zu 100% was vieeel Wichtigeres ein – Ein Glas Wein zum Beispiel… Oder auch das sortieren meiner Lippenstifte nach Farbnuancen. „Das muß ja auch mal gemacht werden und genau JETZT ist der richtige Zeitpunkt dafür!“ Am nächsten Tag folgen dann die Eyeshadows oder der Kochabend mit der Feundin, bei dem man ja mal eine „Spaghetti Bolognese Ausnahme“ machen kann und ab Tag sieben denkt man schon gar nicht mehr an den Sport, den man mal so eifrig betrieben hatte…
Gut, man könnte jetzt sagen „Dann lass es doch einfach!“, das Problem daran ist: Mein Körper und auch meine Seele brauchen Sport! Sobald ich mal zwei Wochen nichts getan habe, kann ich mich vor Rückenschmerzen kaum noch bewegen, außerdem ist meine Laune im Keller, denn ich bin unausgelastet! Das Gefühl, nach einer guten Sporteinheit ist unbeschreiblich, man spürt sich in all dem Alltagsstress mit jeder Faser seines Körpers selbst, ich bin süchtig danach – Wenn nur der Weg dorthin nicht so „unbequem“ wäre. Sport muss einfach irgendwie als Konstante in meinen Alltag eingebaut werden…aber wie? Dranbleiben ist das Problem – nicht der Sport an sich.
Noch zu erwähnen wäre mein anderes Problem: Fitnessstudios
Den ganzen Tag habe ich so viel mit Menschen zu tun, da möchte ich nicht auch noch in meiner Freizeit umgeben sein von so vielen fremden Personen. Außerdem kann ich mich unglaublich schlecht konzentrieren in überfüllten Gym´s. Ich werde ständig abgelenkt, glotze auf mein Handy zwischen den Übungen und fange an mich zu vergleichen mit den halb so alten Fitnessgirls, dvölliger Quatsch, aber doch Tatsache! Ich war als Kind mal ein paar Jahre ziemlich moppelig und habe seitdem ein verschobenes Körpergefühl, ich weiß das. Grundsätzlich finde ich mich eigentlich ganz gut, aber nie so richtig gut…Ihr merkt schon, ich befinde mich in einem irrsinnigen Teufelskreis!
…Oder sagen wir eher „befand“. Bis ich im letzten Sommer einige Artikel u.a. in der „Harpers Bazaar“ über Work it Training las, einem Personal Trainer Studio gleich bei mir um die Ecke in Hamburg. Da ich, wenn ich erst mal Feuer gefangen habe, nicht mehr zu bremsen bin, machte ich mir direkt nach meinem Urlaub einen Termin zum Probetraining, denn „gucken kann man ja mal“, dachte ich mir. (Zudem ist die erste Probestunde kostenlos.)
Als ich den Hinterhof betrete, in dem versteckt ein wunderschönes Loftgebäude steht, bin ich guter Dinge – Das Auge sportelt ja schließlich mit. Arlow Pieniak empfängt mich an der Tür und bietet mir freundlich einen Kaffee an. „Ich nehm einen Cappuccino, bitte“ sage ich und werde direkt mit „Es gibt nur schwarzen Kaffee oder Wasser“ ausgebremst. „Dann nehm ich Beides“, antworte ich (daran hat sich übrigens bis heute nichts geändert und mittlerweile sind schwarzer Kaffee und ich sogar ein bißchen befreundet…).
Ich mag die Atmosphäre und die Tatsache, dass man hier jederzeit so gut wie allein ist…
Die erste Trainingsstunde vergeht wie im Flug.
Arlow checkt meine Körperhaltung und meinen Fettanteil: Zu hoch, Autsch! Es gibt zehn verschiedene Körpertypen, z.B. den Hanseaten, den Cowboy, die Katze, Marylin, den Athleten, bis hin zur Colaflasche. All das erklärt er auch ziemlich gut in seinem Buch „Typgerecht trainieren“.
In seinem Erstlingswerk erklärt Arlow seine Methode, sogenanntes Defizittraining, anhand von den 10 Körpertypen – und liefert auch gleich den perfekten Trainingsplan für die jeweiligen Probleme mit: ein 3 Schritte-Programm aus Mobilisieren, Stabilisieren und Trainieren.
Ich bin die typische „Marylin“. Das Becken ist gekippt, dadurch entsteht ein Holkreuz und somit auch Rückenschmerzen. Zudem habe ich, seitdem ich Emil fast ein Jahr durchgängig in der Trage herugeschleppt habe, eher hängende, nach vorn kippende Schultern. Dies hat zur Folge, dass mir bei zu wenig Bewegung ständig sämtliche Nacken- und Brustwirbel rausspringen und ich mich mit unglaublichen Rückenschmerzen rumschleppe.
Das Training bei Arlow ist auf drei Hauptübungen beschränkt, ich glaube mich kurz verhört zu haben. Er betont auch, dass ich wohl eher nicht schwitzen werde und lange Ausdauereinheiten könnte ich ab sofort von meiner Liste der „meist gehassten Sportarten“ streichen, denn sie werden in meinem Trainingsplan nicht mehr aufzufinden sein! BÄM!
„Kann mich mal jemand kneifen…!?“
Als Arlow dann auch noch „Du musst mehr essen! Es ist mir auch erst mal egal was Du isst, Hauptsache Du isst“ sagt, möchte ich am liebsten hüpfen und schreien vor Glück! Aber Moment mal..! Das soll funktionieren? Wieso? Warum hat mir das nicht früher schon mal jemand gesagt? Ich bin skeptisch, aber meine Motivation ist trotzdem bei knappen 100%! Okay, es gibt natürlich ein paar Haken an der Sache: Ab sofort darf ich nciths mehr „zwischendurch“ essen und immer eine Pause von idealerweise fünf Stunden zwischen den Mahlzeiten lassen. Es darf nur Wasser oder schwarzen Kaffee getrunken werden. Kein Tee, keine Zero-Getränke, kein Kaugummi, nichts!
Die drei Standardübungen setzen sich aus Kniebeuge, Armpress und Kreuzheben zusammen. Alles mit einer Langhantelstange und jeweils 3×5 Wiederholungen und mit so viel Gewicht, dass man am Ende komplett erschöpft ist. Ziel ist es, sich in jeder Trainingseinheit um bis zu 2,5Kg zu steigern. Pro Woche stehen drei Trainingseinheiten an, einmal trainiere ich bei Arlow (oder einem anderen der insgesamt fünf Trainer), zwei weitere Male zu Hause. Ich habe mir mittlerweile eine beachtliche Muckibude im Gästezimmer aufgebaut. In unseren gemeinsamen Einheiten fügen wir oft noch weitere Übungen hinzu wie z.B. Kettlebell Swing, Liegestütz, Klimmzüge oder Kniebeugen auf der Powerplate, bis ich auf allen Vieren die Treppe zur Garderobe runterkrabble…
Früher habe ich mich in Fitnessstudios nicht an die riesigen Langhantelstangen getraut…
Liegestütz sind korrekt ausgeführt anfangs gar nicht ohne Hilfe ausführbar
Guckt mal, man sieht meine „Mini-Muckis“!
Dranbleiben geht also doch!
Ich trainiere nun schon seit Anfang August bei Work it Training und ich liebe es noch immer. Zudem habe ich noch nie so schnell Muskeln aufgebaut und fühle mich unglaublich fit und stark! Ich mag die Stunde dort, obwohl oder vielleicht gerade weil dort alles anders ist, als ich es bisher kannte. Ich bin immer mit Trainer im Raum alleine, es läuft keine Musik und mein Handy bleibt im Schrank. In dieser Zeit fokussiere ich mich einzig und allein auf mich, die Übungen, meine Muskeln und meine Atmung. In meinem Alltag gibt es keine andere Stunde, in der ich so konzentriert und fokussiert bin. Das tut mir unglaublich gut und hat mir gezeigt, dass ich während des Trainings keinerlei Berieselung in Form von Musik, Menschen oder Medien brauche. Ich sehe die Stunde dort als Chance, ganz bei mir zu sein und das habe ich vorher beim Sport (selbst im Yogaunterricht) so noch nie erfahren.
Mobilisation und Streching gehört dazu
Seit knapp anderthalb Wochen habe ich dort ein neues Kapitel aufgeschlagen, ihr habt es sicher schon bei Instagram gesehen. Unter Anleitung von Arlow habe ich mich an Ketogene Ernährung herangewagt und bin selbst nach knapp zehn Tagen noch motiviert dabei. Ich wollte mir einfach mal beweisen, dass ich das kann mit dem „Dranbleiben“ und „Durchziehen“. Südafrika Anfang März ist mein Ziel, bis dahin möchte ich mich wohl fühlen in meiner Haut. Schon jetzt sehe ich erste Ergebnisse, aber die positivste Eigenschaft ist, dass ich mich unglaublich fit, gesung, stark und gut fühle ohne Carbs, Alkohol und Zucker.
Und mein Stolz auf mich selbst wächst jeden Tag mehr…
Weil so viele von Euch nach einem Blogpost über meine Ketogene Zeit gefragt haben, gibt es diesen in den nächsten Tagen – spätestens nach meienr Ankunft in Kapstadt, der Flug ist ziemlich lang…
Ich verschenke an Euch eins von Arlows Büchern „Typgerecht trainieren“. Hinterlasst mir dafür einen Kommentar oder schickt mir eine Mail an anna@annawolfers.de