Ich bekam eine Kooperationsanfrage für New York, Zeitraum Anfang September und ich wollte dort unbedingt mit Johannes hin. Also blockten wir die vier Tage vorab bei Oma und Opa, damit das Kind gut aufgehoben sein sollte in dieser Zeit. Spontan mal eben in den Flieger steigen funktioniert heute nicht mehr so einfach wie noch in den Zeiten ohne Kind. Die Anfrage platzte und was blieb waren vier Tage kinderfreie Zeit und wir ohne wirkliches Ziel.
Als Johannes vorschlug Wandern zu gehen, lachte ich vor Entsetzen kurz laut auf und wollte protestieren, aber als er das The Chedi als Unterkunft vorschlug, war ich Feuer und Flamme. Bereits im März waren wir hier, als ich zum ersten Mal auf Skiern kopfüber die Berge runtergerollt bin, erinnert ihr euch noch? Ich sah mich gleich wieder in Gedanken im wunderschönen, warmen Hotelpool schwimmen, mit Blick auf die Berge, während Johannes diese erklomm – ohne mich! irgendwie würde mein geheimer Plan schon aufgehen…
Wenn mir vor ein paar Jahren jemand erzählt hätte, dass ich mal freiwillig wandern gehe, ich hätte ihn ausgelacht! Wandern zählte in meiner Vorstellung lange zu den langweiligsten Aktivitäten, die man in seiner kostbaren Freizeit so machen kann… Es mag sogar Menschen geben, die so etwas freiwillig machen – ich zählte bisher nicht zu ihnen! Die Kategorie Wandern fand man bislang auf meiner „Dinge-die-ich-unbedingt-noch-machen-möchte-Liste“ ungefähr an der gleiche Stelle wie „Ferien auf dem Ponyhof“ und zwar an unterster – Muss ich noch weiter ausholen? Ich denke nicht…
Als wir in Hamburg bei Regen und Wind in den Flieger stiegen, blieb ich optimistisch, dass mich sicher niemand zu Fuß auf die Berge treiben könnte, denn dort würde es wahrscheinlich genauso nebelig sein und unser Wandertrip eher in den wunderschönen Hotelspa führen, statt auf den Berg. In meiner Vorstellung nahm ich sicher auch mal die Gondel zur Bergstation, um dort oben auf der Hütte Mittag zu essen, das müsste an sportlichen Aktivitäten reichen. Zudem konnte man auch prima mit dem Zug wieder runterfahren, wieso also wandern??!
Ein paar Stunden später sollte ich eines Besseren belehrt werden. Zürich empfing uns mit sommerlichen Temperaturen und strahlendem Sonnenschein. Wir machten Halt am atemberaubenden Vierwaldstätter See. Das Wasser war leider zu kalt um hineinzuhüpfen, aber man konnte ohne Jacke durch den Tag kommen – In Hamburg in diesen Tagen undenkbar.
Als wir am Hotel vorfuhren, umgeben von diesen riesigen Bergen, musste ich mich kurz beherrschen nicht vor Freude loszujodeln. Ich hatte fast vergessen, wie wunderschön es war und wie wahnsinnig nett und zuvorkommend das Personal im The Chedi ist. Man erkannte uns wieder und ständig wurde hier und dort angehalten und geplaudert.
©the Chedi
©the Chedi
©the Chedi
Unser Zimmer war fast noch schöner als beim letzten Mal (wenn das überhaupt möglich ist), sehr groß, mit einem wahnsinnigen Blick auf die Berge. Mein Plan war zu dem Zeitpunkt noch immer, mich drei Tage so gut wie nicht aus dem Hotel zu bewegen, aber das Wetter war einfach zu gut und der Mann wollte direkt einen Spaziergang durchs Dörfchen machen… Okeeee… aber nur ganz kurz…
Andermatt ist romantisch verschlafen
Andermatt ist mit seinen süßen 1440 Bewohnern ziemlich überschaubar. Es gibt einen Supermarkt, eine Tankstelle, eine Hand voll Pensionen, Restaurants, Bars und eben The Chedi. Im Hotel gibt es aktuell kuschelige 44 Doppelzimmer und eine Hand voll Suiten. Dadurch ist es niemals überfüllt oder nervig laut. Das Hotel hat als einziges im Dorf einen Pool und einen Spa und auch sonst ist The Chedi anders, als alles andere dort. Dennoch gliedert sich das größte Haus des Ortes trotz asiatischem Einfluss in die Architektur des Stadtkerns ein und wirkt dort keinesfalls wie ein Fremdkörper.
Am nächsten Morgen weckte uns die Sonne und meine Hoffnung auf einen kompletten Tag im Spa war verflogen. Egal, gut gestärkt vom wahnsinnig vielseitigen Frühstücksbuffet ging es los…fast… Wenn meine Wenigkeit sich mal wieder nicht ausreichend vorbereitet hätte und außer einem dünnen Wollmäntelchen nichts Bergtaugliches dabei gehabt hätte (als hätte ich Funktionskleidung im Schrank..Pfff!).Also durfte ich in Johannes langer Jogging-Unterhose, seinem für mich viel zu großen Laufshirt und einer Ski-Jacke aus dem Hotelsortiment in Kindergröße 158 auf den Berg. An diesem Tag mal ohne Style, der blieb zu Hause… egal!
Vorher
Nacher
In meiner bisherigen Vorstellung waren Wanderwege breite Pässe, die permanent Bergauf gingen und gähnend langweilig nicht enden wollend waren – ich wurde eines Besseren belehrt! Das hier war ein Workout-Pfad mit lauter kleinen, steinigen und kniffeligen Wegen. Mal musste man sich an Seilen hochhangeln, mal blieb man stehen um die kleinen Informationstafeln über die Pflanzen und Tiere in der Umgebung zu studieren. Museumskunde mit Kalorienverbrauch, wie cool ist das denn?! Ich kam mir plötzlich wieder vor wie mein zehnjähriges Ich, neugierig was wohl als nächstes kam und kaum zu bremsen. Johannes hatte sich eher drauf eingestellt, mich motziges, trotziges Ding ständig irgendwo hochschieben zu müssen, aber ich war „on fire“, wahnsinnig gut gelaunt aufgrund des Wetters, der frischen Luft und dieses atemberaubenden Panoramas. Hätte noch gefehlt, dass ich nervig pfeifend vor mich hingehüpft wäre… Vielleicht hab ich das sogar getan, aber schnell wieder verdrängt.
Gegen Mittag kamen wir auf einer wirklich hübschen Hütte an und aßen dort zu Mittag. Die Küche in der Alphittä war wahnsinnig gut und total modern. Gegen Nachmittag zog es langsam zu und es wurde ziemlich schattig. Also fuhren wir mit dem Zug, dem Gotthard-Express wieder runter ins Dorf. Der Zug ist schon ganz schön spektakulär, denn man schlängelt sich mit ihm bergauf und bergab durch die Andermatter Alpen. Zur Ski Saison kann man hier sogar mehrstündige Apres-Ski Fahrten mitmachen, zu meiner Schande gab es die zu dieser Jahreszeit nicht… (kleiner Scherz!)
Nein, die Nr. 51 ist nicht mehr zu haben…
Der Gotthard-Express fährt fast direkt bis zum Spa…
Den restlichen Tag verbachten wir in meinem heiß geliebten Spa. Dieser erstreckt sich im The Chedi über zwei Etagen. In der Oberen findet man den großen Indoor- sowie den beheizten Outdoorpool. Außerdem wahnsinnig kuschelige Sofas und Betten, auf denen man prima dösen oder lesen kann – oder einfach durch die verglaste Front auf die Berge schauen kann.
Im Unteren Bereich findet man alle Saunen und Dampfbäder sowie drei heiße Becken (34, 38, 42 Grad) in denen man nach einem Tag auf dem Berg die geschundenen Muskeln entspannen kann. Außerdem gibt es dort ein unfassbares gut ausgestattetes, großes Gym. Entspannung trifft Erholung und Sport! Die perfekten Voraussetzungen für einen gelungenen Kurztrip.
Abends waren wir zu faul, um ins Restaurant zu gehen, obwohl „The Japanese“ ein unfassbares Sharing Menü anbietet. Dieses hatten wir aber bereits am Abend zuvor schon genossen und außerdem fing gerade „Pretty Woman“ im Tv an – ich so: „Yeah!“ – er so „Oh Nooo!“ Was tut man nicht alles aus Nächstenliebe, oder? Es war herrlich gemütlich, als das Feuer im Kamin loderte und es dann auch noch zu allem kitsch-Overload anfing zu schneien! Echt wahr! Dicke, weiße Flocken, die nicht enden wollten – im September! Am nächsten Morgen war alles weiß, aber leider musste nwir unsere Sachen packen und in Richtung Heimat düsen.
Wir haben in diesen vier Tagen wirklich alles erlebt – von sommerlichen Bergtouren über winterliche Kaminabende, was für ein Kurzurlaub! Es gibt wenige Orte, an denen ich schnell entspannen und runterkommen kann, aber Andermatt und The Chedi gehören für mich definitiv dazu. Wir kommen wieder…
Pullover: Selected femme via Goldig
Vielen Dank an das The Chedi Hotel für den unvergesslichen Aufenthalt
♥
Ein Kommentar
Liebe Anna, das hast du so herrlich beschrieben. Wirklich wunderbar. Ich hab mehrmals laut aufgelacht und mich so wiedergefunden. Mein Partner hat mich auch ganz langsam ans Wandern herangeführt. Heute liebe ich es über alles. Wandern kann man an so vielen Orten – das ist das Tolle daran. Liebe Grüße und mach weiter so. 🙂